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AutorenbildLisa Dolderer

Das Q&A-Verfahren für Bieterfragen - vier Schritte für die optimale Vertragsbasis

Aktualisiert: 17. Aug. 2021



BIETERRÜCKFRAGEN


Nach Veröffentlichung der Ausschreibungsunterlagen beginnen die angefragten Bieter, die bereitgestellten Dokumente zu sichten. In dieser Phase stellen die Bieter erfahrungsgemäß viele Rückfragen zum Leistungsinhalt (im Folgenden „Bieterfragen“), um sich die zur Angebotserstellung erforderliche Klarheit zu den ausgeschriebenen Inhalten zu verschaffen.

Lesen Sie im Weiteren, mit welcher Herangehensweise die umfangreiche Koordination und Kommunikation der Bieterfragen vereinfacht werden kann, um mögliche Herausforderungen und Stolpersteine innerhalb dieser Phase zu meistern.


Um die Rückfragen der Bieter professionell aufzunehmen, zu beantworten und zu kommunizieren, hat es sich bewährt, auf ein standardisiertes Q&A-Verfahren zurückzugreifen. Dabei werden die folgenden Schritte durchlaufen:


1. Erfassung der Bieterfragen

2. Einreichung & Annahme der Bieterfragen

3. Beantwortung der Bieterfragen

4. Anpassung der Ausschreibungsdokumente


Diese Herangehensweise gewährleistet, dass alle Bieter, zu jeder Zeit, denselben kommunizierten Informationsstand erhalten. Zudem fließen die final beantworteten Bieterfragen in die Ausschreibungsdokumente mit ein und werden als Vertragsbestandteil mitberücksichtigt.


Wir empfehlen, das Q&A-Verfahren bereits in den Ausschreibungsdokumenten den Bietern ausführlich mit allen Vorgaben und Prämissen zu erläutern.

 

1. ERFASSUNG DER BIETERFRAGEN


Es hat sich bewährt, bereits mit den Ausschreibungsdokumenten, den Bietern eine entsprechende Anlage zur standardisierten Erfassung der Fragen zur Verfügung zu stellen. In dieser Anlage wird zu jeder Frage der exakte Bezug zur Ausschreibung und deren Anlagen in Form von Angaben zu:


  • Name des Unternehmens (Bieter),

  • Anlage,

  • Dokument,

  • Kapitel und Kapitelbezeichnung,

  • Seite und Zeile


hergestellt. Dadurch wird sichergestellt, dass alle Fragen im selben Umfang und in derselben Form eingereicht werden. Die Fragen können somit einfach und schnell konsolidiert werden und Schwerpunktthemen lassen sich leicht erkennen.

 

2. EINREICHUNG UND ANNAHME DER BIETERFRAGEN


Die Einreichung und Annahme der Bieterfragen erfolgen innerhalb eines von Ihnen vorgegebenen Zeitraumes. Dieser hängt stark vom Zeitplan des gesamten Ausschreibungsverfahren ab, sollte jedoch, wenn möglich, die Dauer von mindestens drei Kalenderwochen nicht unterschreiten.


Die Annahme der Bieterfragen erfolgt über einen vordefinierten Kommunikationskanal. Aus unserer Erfahrung hat sich dafür ein eigens eingerichtetes E-Mail-Postfach, mit einem für die Ausschreibung sprechenden Namen, bewährt.


Dies hat einen weiteren Vorteil: Sie können, im Vergleich zur Verwendung Ihrer eigenen E-Mail-Adresse, „anonym“ mit den Bietern kommunizieren und vermeiden somit, direkt und persönlich von den Bietern kontaktiert zu werden.


Durch ein separates Postfach kann durch den zukünftigen Auftraggeber jede Kommunikation nachvollzogen werden und es finden keine unabsichtlichen Nebenabreden statt. Ein wichtiger Aspekt, um im Ausschreibungsverfahren formal exakt und nicht angreifbar zu werden (Compliance).


Vorgabe für die Bieter ist es, nur Fragen innerhalb des definierten Zeitraumes zu stellen und ordnungsgemäß einzureichen, ansonsten werden die Fragen nicht akzeptiert und beantwortet.

 

3. BEANTWORTUNG DER BIETERFRAGEN


Die eingegangenen Fragen werden konsolidiert und durch Experten des jeweils befragten Themengebietes beantwortet. Alle Fragen werden im Anschluss anonymisiert und mit den entsprechenden Antworten allen Bietern zur Verfügung gestellt, auch denjenigen Bietern, die keine Frage(n) eingereicht haben. Damit wird ein einheitlicher Informationsstand bei allen Bietern sichergestellt. Dieser Vorgang kann sich beliebig oft, innerhalb des Q&A-Verfahrens, wiederholen.

 

4. ANPASSUNG DER DOKUMENTE


Durch die Bieterfragen können widersprüchliche oder unzulänglich beschriebene Leistungsinhalte aufgedeckt werden, die trotz sorgfältiger Erstellung der Ausschreibungsdokumente entstanden sein können.


Betroffene Dokumente der Ausschreibung werden daher, entsprechend der Antworten der Bieterfragen, angepasst und bilden somit später mit die Vertragsgrundlage. Unter diesem Aspekt ist auf eine genaue Einhaltung des Q&A-Verfahrens zu achten.

 

QUALITATIVE ANGEBOTE


Bieter, die sich aktiv am Ausschreibungsverfahren beteiligen und Rückfragen zu den Dokumenten stellen, zeigen ihre Interessen und können dadurch zielgerichtete und qualitativ hochwertige Angebote erstellen. Mögliche Defizite in den Ausschreibungsunterlagen können aufgedeckt und berichtigt werden.


Behalten Sie im Hinterkopf, dass Fragen, die innerhalb des Q&A-Verfahrens geklärt werden können, spätere Diskussionen und Konflikte nach einer Vergabe vermeiden und Sie bei Sichtung der Rückfragen bereits ein erstes Gefühl dafür bekommen, ob der Bieter die Leistungsinhalte verstanden hat.


Im Rahmen der öffentlichen Ausschreibungen kann ein fehlerhafter Umgang mit Bieterfragen sogar eine Rückversetzung des Vergabeverfahrens in den Bekanntmachungsstand nach sich ziehen und eine, im schlechtesten Fall, bereits durchgeführte Vergabe anfechtbar machen.

 

ZUR AUTORIN


Lisa Dolderer ist geprüfte Wirtschaftsfachwirtin und seit mehreren Jahren Consultant bei der RÖWAPLAN AG.


Sie ist in der Beratung sowie im Projektgeschäft tätig und hat schon viele Ausschreibungsverfahren erfolgreich begleitet.







 

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